josef sünder
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< versuchungen des heiligen antonius  [2010-2019]  >


 



"Die Versuchungen des Heiligen Antonius" lautet der Titel einer in den vergangenen Jahren entstandenen, ständig erweiterten, ergänzten und veränderten Werkgruppe sowie einer Kabinettausstellung in Hamburg, mit der Josef Sünder 2013 dieses Thema erstmals an die Öffentlichkeit trug. Zentraler Bestandteil dieses in ständigem Wandel begriffenen Werks, ja eine Art Schlüssel, liegt in Gestalt einer großen grauen, 37 Blätter enthaltenden Pappschachtel vor, welche vage an ein Herbar erinnert. Anstelle getrockneter Pflanzen jedoch enthält sie seltsame Wesen, die zwar – wie man bei genauerem Hinsehen erkennen kann – wohl vorwiegend aus Pflanzenteilen montiert wurden, denen jedoch eine unheimliche Lebendigkeit eigen ist. Handelt es sich etwa tatsächlich um jene Dämonen, welche den Heiligen Antonius in der Wüste heimsuchten, jene Versuchungen und Peinigungen, die Athanasios von Alexandria in der „Vita Antonii“ beschrieb, und die zahlreiche Künstler, insbesondere in der Nachfolge von Hieronymus Bosch, mit beispiellosem Einfallsreichtum immer wieder aufs Neue bildlich nachvollzogen?
Josef Sünder, der sich diesen Erscheinungen nüchterner noch zu nähern scheint als der Heilige selbt, befaßt sich mit ihnen als Wissenschaftler. Dämon für Dämon wurde fotografisch dokumentiert, mit genauesten Angaben zu Fundort und Fundzeit, sowie mit einem Namen versehen, welcher jeweils ähnlich fremd anmutet wie das Wesen, das er bezeichnet. Auch eine Inventarnummer darf nicht fehlen. Allein der Zeitpunkt bleibt vage: So wird zwar auf die Sekunde genau über die Uhrzeit der Vision informiert, unter „Datum“ jedoch nur ein Wochentag genannt. Alles andere bleibt offen. Ebenso offen wie die Frage, wem diese Wesen denn eigentlich erschienen sind – verweisen doch die Koordinaten eher auf norddeutsche Dünenlandschaften als die arabische Wüste, in der der Eremit einst von den Dämonen heimgesucht wurde.